Deutscher Gehörlosen-Bund e.V.
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Der Telefonvermittlungsdienst in Schrift- und Gebärdensprache soll für Gehörlose und andere Menschen mit Hörbehinderungen ab dem 01.01.2019 bundesweit kostenfrei genutzt werden können!

04. Oktober 2018

Der Deutsche Gehörlosen-Bund e. V. unterstützt den offenen Brief der Deutschen Gesellschaft der Hörbehinderten – Selbsthilfe und Fachverbände e. V. (DG) „Vermittlungsdienst für gehörlose und hörgeschädigte Menschen §§ 45 Abs. 3 und 108 Telekommunikationsgesetz (TKG)“ vom 13.09.2018, der sich an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, die Bundesnetzagentur, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, den Bundesbehindertenbeauftragten sowie den zuständigen Bundestagsabgeordneten gerichtet hat. In dem offenen Brief wird die Forderung erhoben, die monatliche Grundgebühr (5 Euro) und die Gesprächsgebühren (0,14 Euro bzw. 0,28 Euro pro Minute) zur privaten Nutzung des Vermittlungsdienstes ab dem 01.01.2019 komplett abzuschaffen und die bisher geltenden gesetzlichen Regelungen zum barrierefreien Notruf für Menschen mit Hörbehinderungen durch § 108 TKG sowie die Notrufverordnung anzupassen bzw. zu ändern.

Diese wichtigen Forderungen der DG vollzieht der Deutsche Gehörlosen-Bund e. V. nach und begrüßt diese sehr, um einen besseren und kostenfreien Zugang zum Telefonvermittlungsdienst in Schrift- und Gebärdensprache zu ermöglichen und die Notrufsituation für Menschen mit Sprach- und Hörbehinderungen zu verbessern.

Die neue öffentliche Ausschreibung von der Bundesnetzagentur für den Zeitraum vom 01.01.2019 bis 31.12.2022 zeigt erfreulicherweise, dass die monatliche Grundgebühr (5 Euro) zur privaten Nutzung abgeschafft werden soll. Jedoch sollen die Gesprächsgebühren (0,14 Euro und 0,28 Euro pro Minute) noch unverändert bestehen bleiben.

Laut Quelle von CSMG 2012 über die internationale Bereitstellung von Video Relay Services (Sei-te 9) werden die Kosten zur Nutzung der Video-Relay-Dienste (VRS) in anderen Ländern, z. B. Amerika, Schweden, Australien, Frankreich, Neuseeland, Norwegen etc., von der Regierung und/oder den Telekommunikationsanbietern finanziert.

Wie wir festgestellt haben, ist Deutschland im Vergleich mit diesen oben genannten Ländern das einzige Land, in dem gehörlose und hörbehinderte Nutzer die behindertenspezifischen Mehrkosten selbst zahlen müssen. Das stellt eine deutliche Benachteiligung und Ungleichbehandlung dar. Deshalb schließt sich der Deutsche Gehörlosen-Bund e. V. der Forderung der DG ausdrücklich an, dass der Telefonvermittlungsdienst in Schrift- und Gebärdensprache ab dem 01.01.2019 bundesweit kostenfrei genutzt werden kann. Die Bundesregierung und die Telekommunikationsunternehmen sollen die Kosten des Telefonvermittlungsdienstes in vollem Umfang übernehmen.

Als die gehörlose Pinky Gehrcke, geboren und aufgewachsen in den USA, nach Deutschland zog, war sie sehr erschrocken über diese Zustände. So erzählte sie es auf der Bühne vor 2.500 Zuschauern bei den 6. Deutsche Kulturtagen der Gehörlosen vom 17. bis 19.05.2018 in Potsdam. Schon seit einigen Jahren setzt sie sich ein für dieses Thema und fordert: „Keine Mehrkosten für die Telefonvermittlungsdienste in Deutschland!“

Die Facebook-Gruppe „Unterschriftenaktion Tess-Bundesnetzagentur ohne Grundgebühr und zusätzliche Telefonminuten“ von Lars Neuhaus und Danny Canal hat die Initiative ergriffen und ein Protestschreiben gepostet. Schon haben viele Gehörlose und andere Menschen mit Hörbehinderungen dieses Protestschreiben ausgedruckt, unterschrieben und per Post an die Bundesnetzagentur abgeschickt.


Foto: Pinky Gehrcke

Das zeigt uns ganz deutlich, dass alle Menschen mit Sprach- und Hörbehinderungen die kostenfreie Nutzung zum Telefonieren und Notrufabsetzen über die Vermittlungsdienste in Schrift- und Gebärdensprache dringend benötigen, um die Benachteiligung auszugleichen und ihre Selbstständigkeit, Selbstbestimmung bzw. Unabhängigkeit zu fördern und zu stärken.

Die „Tess – Sign & Script – Relay-Dienste für hörgeschädigte Menschen GmbH“ bietet eine sehr wichtige Dienstleistung an für Gehörlose und andere Menschen mit Hörbehinderungen. Ohne diese Vermittlungsdienst können wir nicht telefonieren, einen barrierefreien Notruf absetzen oder einen Ferndolmetscher/eine Ferndolmetscherin beauftragen. Das muss in Übereinstimmung mit der UN-Behindertenrechtskonvention weiter ausgebaut werden, und zwar ohne behindertenspezifische Mehrkosten.

Die Stellungnahme 06/2018 in pdf-Datei können Sie herunterladen und gerne weiterleiten.

Literaturquellen: